top of page

Familie Harkort

StammbaumHarkort.jpg

Die Familie Harkort ist eine Unternehmerfamilie aus dem Ruhrgebiet mit Stammsitz auf Harkorten, einem damaligen Freigut in Hagen-Westerbauer.

Die älteste Erwähnung des Namens findet sich in der Urkunde 1108 des Vatikanischen Archivs vom 28. November 1373.

In dieser wird lateinisiert „Harcuria“ in der Grafschaft Mark aufgeführt.

Im Schatzbuch der Grafschaft Mark aus dem Jahr 1486 wird dann die „Harkottsche vreye burschop“ erwähnt.

Dies belegt, dass Harkorten als Geschäftssitz der Familie mit zoll- und steuerpflichtigem Handel weit über die Landesgrenzen hinaus, bereits im Spätmittelalter zu den Freigütern der Grafschaft Mark, den sogenannten „Stuhlfreien an der Höge des Sauerlandes“ gehörte.

Zweige der Dynastie sind seit Mitte des 18. Jahrhunderts u. a. auf Haus Schede in Herdecke ansässig, wo beispielsweise im Jahre 1880 der populärste Spross der Familie, Friedrich Harkort, seine letzte Ruhe in einer Familiengruft der Harkorts gefunden hat.

Die Familie Harkort unterhielt zwischen 1674 und 1929 ein weit verzweigtes Netz an Handelsbeziehungen und industriellen Beteiligungen, unter anderem an der Harkort-sche Fabrik in Haspe, den Mechanische Werkstätten Harkort & Co. auf Burg Wetter, an der Eisengießerei und Maschinenfabrik Carl & Gustav Harkort in Leipzig, dem Deiler Kupferhammer Friedrich Harkorts, der Gerberei Christian Harkorts, der Hasper Hütte oder an der Brückenbau-Anstalt von Johann Caspar Harkort VI.

Mit dem frühen Tod Johann Caspar Harkort VII. als Gefallener im Deutsch-Französischen Krieg ging der über viele Generationen vererbte Name Johan Caspar Harkort der altvorderen Erblinie der Harkorts für die nachfolgenden Fideikommissbesitzer sowohl des Gutes Harkorten als auch der Firma im Jahre 1871 verloren.

Firma Johann Caspar Harkort

 

Werbeanzeige der Firma Harkort aus dem Jahr 1897 mit Monogramm J.C.HK

Die Familie Harkort nahm vom Ende des Dreizigjärigen Kriegs bis hin zur Weltwirtschaftskrise Anteil an der Entwicklung der Industrie und des Verkehrswesens in Deutschland.

Gegründet im Jahre 1674, betrieb die Firma Johann Caspar Harkort über 250 Jahre hinweg bis zur Stilllegung 1930 als Hammerwerksbetrieb und Handelskontor zunächst Eisenwarenfabrikation und Kommissionshandel, um mit der aufkommenden Industralisierung bis in das 20. Jahrhundert hinein verschiedene Maschinenfabriken und Eisenindustriebetriebe zu führen.

J-C-Harkort_Branchenbuch-1897.jpg

1674 bis 1832 – Eisenwarenfabrikation und internationaler Kommissionshandel

Wurden im Jahr 1674 85 auswärtige Kunden beliefert, so waren es 1731 bereits 182, darunter Handelshäuser in Lübeck, Hamburg, Kiel, Wismar, Stralsund, Danzig, Königsberg, Riga, Kopenhagen und Stockholm.

Das Kommissionsbuch von 1726 nennt u. a. folgende Eisenwaren:

  • Sensen

  • Beile

  • Messer

  • Scheren

  • Zangen

  • Hämmer

  • Schaufeln

  • Hobel

  • Zangen

  • Sägen

  • Hobeleisen

  • Gabeln

  • Draht

  • Nadeln und Fingerhüte

  • Ketten

  • Schuhspangen

  • Schraubstöcke und Ambosse

  • Schlösser und Schlüssel

  • Kisten- und Kofferbeschläge

1756 zählte die Firma 214 Kunden, 1784 bereits 529. 1775 gingen allein 6.300 Sensen nach St. Petersburg.

1832 bis 1860 – Prototypen Industrialisierung

Johann Caspar Harkort V. ältester Bruder von Friedrich Harkort, Gustav Harkort, Eduard Harkort und Christian

Harkort, führte das Unternehmen dann erfolgreich in die aufkommende Industrialisierung.

Neben dem Kommissionsgeschäft wurde bereits 1832 auf Harkort'schem Grund eine Maschinenfabrik eingerichtet, um mit der aufkommenden Eisenbahn sowie insbesondere mit Inkrafttreten des Deutschen Zollverein 1834 alljährlich tausende von Zentnern Unterlagsplatten, Schienennägel, Schrauben und Schienenbefestigungskloben an die Eisenbahnverwaltungen des neuen Binnenmarktes zu liefern.

Die Propaganda des jüngeren Bruders von Johann Caspar Harkort V., des berühmten Industriepioniers, Volkswirtschaftlers, Politikers und Schriftstellers Friedrich Harkort schließlich, der 1828 in Preußen den Bau der ersten Eisenbahn ausführen konnte, veranlasste Johann Caspar Harkort V., seine Maschinenfabrik auf dem Gutsgelände Harkorten allmählich von den einfachen Produkten vermehrt auf die Produktion von Beschlagteilen, Rädern und Achsen für den Eisenbahnwagenbau umzustellen.

Nachdem auch die Fabrikation einfacher Maschinenteile aufgenommen wurde, war es nur noch ein kleiner Schritt hin zum Bau fertiger Eisenbahnwagen.

1843 wurden die ersten zwölf Güterwagen an die Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn-Gesellschaft geliefert.

Sein ältester Sohn schließlich, Johann Caspar Harkort VI. konzentrierte sich – beginnend mit der Ausführung der eingleisigen Überbrückung der Wupper in Rittershausen 1846 durch die Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft – auf Brückenbau-Eisenkonstruktionen und gilt als einer der Pioniere des Großbrückenbaus.

Johann Caspar Harkort IV., der seinem Hauptbuch den vielsagenden Satz voranstellte: "Richtig sey die Rechnung nicht allein, sondern auch recht", erzog seine Söhne nach den strengen Grundsätzen der lutherischen Ethik, die sie alle in bezug auf ihr Selbstverständnis und ihre Lebensführung übernahmen. Alle zeichnete persönliche Bescheidenheit und der Einsatz für das Gemeinwesen aus.
Der älteste Sohn, Johann Caspar V. (1785-1877), übernahm neben seiner Tätigkeit als Fabrikant Gut und Handlung. Zeitlebens verzichtete er auf die Führung des ihm wegen seiner Verdienste um die Gründung der Hagener Handelskammer verliehenen Titels eines Kgl. Preußischen Kommerzienrates.

Gustav Harkort (1795-1865) gründete mit seinem Bruder Carl (1788-1856) ein "Handels- und Exporthaus", die sogenannte "Englische Garnhandlung" in Leipzig.

Größte Verdienste erwarb er sich bei der Entwicklung des Eisenbahnwesens in Mitteldeutschland.

Zusammen mit Friedrich List übernahm er die Planung der Strecke Dresden-Leipzig und auch die Leitung der entsprechenden Eisenbahngesellschaft.

Bereits 1838 - zehn Jahre vor der Köln-Mindener Strecke seines Bruders Friedrich - konnte Gustav Harkort ein größeres Teilstück an den König von Sachsen übergeben.

Im Laufe seines weiteren Lebens war er an zahlreichen Firmen, Banken und Handelsgesellschaften beteiligt oder wirkte federführend an deren Gründung mit.
Die beiden jüngsten Harkort-Brüder suchten ihr Glück im Ausland.

Eduard (1797-1836) absolvierte in Freiburg ein Studium des Bergfachs, der Mathematik und der Geodäsie.

Aufgrund einer nicht standesgemäßen Heirat wanderte er nach Mexiko aus und wurde dort durch die Vermittlung seines Bruders Gustav Leiter einer englischen Bergwerksgesellschaft.

1831 nahm er als Parteigänger des Revolutionsgenerals Antonio Lopez de Santa Ana an der Schlacht von Tolome teil. Als Fazit seiner Jahre in Mexiko schrieb er nach Hause:

"... mir ist von jenen mühseligen, schlecht belohnten Jahren das Bewußtsein geblieben, mein Gewissen rein erhalten zu haben, ungeachtet mir Hunderttausende unkontrolliert durch die Hände gegangen sind."

Er starb hochgeachtet als Generaloberst der Befreiungsarmee von Texas.

Christian Harkort (1798-1874) gründete nach dem Scheitern verschiedener Projekte ein Handelshaus in Lissabon.

1860 bis 1930 – Zenit und Untergang

Aus logistischen Gründen verlagerte Johann Caspar Harkort VI. dann den Großteil des Produktionszweigs „Brückenbau“ der Harkort'schen Maschinenfabrik an den Rhein nach (Duisburg- Hochfeld).

Dort erwarb er 1860 ein unmittelbar am Rheinufer neben der Hütte Vulkan liegendes Grundstück und gegründete dort die Brückenbauanstalt Johann Caspar Harkort.

Nach dem Tod seines einzigen Sohnes Johann Caspar Harkort VII. sowie seines Schwiegersohns und ersten Ingenieurs Willibald Liebe (beide im März 1871) trennte er die Brückenbauanstalt vom Privatvermögen ab und gründete am 1. August 1872 die Aktiengesellschaft für Eisenindustrie und Brückenbau vormals Johann Caspar Harkort in Duisburg.

Bis zur Weltwirtschaftskrise, von der sich das Unternehmen nicht mehr erholte, führte sie zahlreiche Bauwerke aus, zum Beispiel:

  • 1864: Pfaffendorfer Brücke über den Rhein bei Koblenz (gemeinsam mit Kölnische Maschinenbau)

  • 1865: IJsselspoorbrug in Zutphen, Niederlande

  • 1867: Halbparabel-Fachwerkträger aus Flusseisen mit 154,4 m Spannweite für die Eisenbahnbrücke Culenborg über den Lek, Niederlande

  • 1870: Hammer Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Düsseldorf

  • 1870: Ostbahnbrücke über den Donaukanal in Wien

  • 1872: Eisenbahn-Elbbrücken über die Süder- und die Norder-Elbe bei Hamburg

  • 1873: Duisburger Hochfelder Eisenbahnbrücke über den Rhein

  • 1873: Rotunde der Weltausstellung 1873 in Wien

  • 1873: Elbbrücke Dömitz

  • 1885:Leuchtturm Roter Sand in der Deutschen Bucht

  • 1896: Drehbrücke im Rheinauhafen

  • 1907: Glienicker Brücke über die Havel zwischen Potsdam und Berlin

  • 1908: Deutzer Drehbrücke am Deutzer Hafen in Köln

  • 1929: Mülheimer Brücke

bottom of page