Friedrich Harkort
22.Februar 1793 -
6.März 1880
Leben
Harkort wurde als fünftes von acht Kindern des märkischen Eisenwarenfabrikanten und Kaufmanns (Reidemeister) Johann Caspar Harkort . (1753–1818) im Haus Harkorten geboren.
Er war unter anderem Bruder des Bankiers und Eisenbahn-Pioniers Gustav Harkort, des Bergbauingenieurs und Offiziers Eduard Harkort und des Unternehmers Johann Caspar Harkort V.
Nach der Grundschule auf dem Quambusch besuchte er ab 1799 die Gewerbeschule in Hagen.
Diese schloss er im Jahr 1808 ab.
Anschließend machte er eine kaufmännische Lehre bei dem Unternehmen Mohl in Barmen - Wichlinghausen.
Ab 1813 nahm er zusammen mit seinem Bruder Gustav als Premierleutnant an den Befreiungskriegen teil.
Bei Jumet wurde er zweimal verwundet und mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
Während seiner Lehrzeit hatte Harkort seine zukünftige Frau, Auguste Louise Mohl, kennengelernt.
Im Jahre 1818 heiratete er die Tochter seines früheren Lehrherrn, Auguste Mohl (1796–1835).
Von der tiefen Beziehung der beiden zeugt ein Liebesgedicht, das Harkort Auguste Weihnachten 1817 widmete:
"Denn freudig, wie die Liebe mir befal
Hab' ich der Erde Güter ausgeschlagen,
Um nicht nur Ird'sches, - Himmlisches zu wagen:
Und was ich nur vermag mit Lied und Leben,
Der letzte Hauch sei freundlich Dir geweiht!"
Das Paar hatte zwei Söhne und vier Töchter:
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Auguste (* 16. Juli 1819; † 10. Dezember 1899) ⚭ 1845 Georg Christian Funk († 29. August 1849)
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Mathilde Wilhelmine Auguste (* 5. Dezember 1820; † 20. November 1893) ⚭ 1843 Eduard von Scheven (* 15. September 1812; † 16. Juni 1907), Pfarrer
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Friedrich Wilhelm (* 10. Mai 1822; † 19. Juni 1897), Maschinenfabrikant in Barmen ⚭ 1849 Anna Catharina Helene Hueck (* 13. März 1823)
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Johanna (* 13. Januar 1828; † 12. März 1908) ⚭ Carl Gustav Maentell (1821–1907), preußischer Generalleutnant
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Louise (* 15. August 1831; † 26. September 1907) ⚭ 1856 Louis Constanz Berger, Wittener Unternehmer
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Carl (25. Dezember 1832; † 5. Februar 1894), Gründer der Sägen- und Werkzeugfabrik Fa. Harkort und Lohmann in Cronenberg ⚭ 1859 Emma Tesche (* 10. März 1835; † 9. Oktober 1910)
Unternehmerisches Wirken
Das unternehmerische Wirken Harkorts war insbesondere von technischen und sozialen Pionierleistungen geprägt. Nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg hingegen stellte sich bei seinen Unternehmungen nicht ein.
Der Grund hierfür dürfte nicht zuletzt darin gelegen haben, dass Harkort grundsätzlich jedem Interessierten gestattete, die von ihm errichteten Betriebe zu besichtigen, die dort praktizierten Verfahren im Detail zu studieren und bei Bedarf beim Aufbau entsprechender Betriebe mit Rat und Tat zur Seite stand.
In seinem Bestreben, der industriellen Entwicklung seiner Heimat Vorschub zu leisten, unterstützte er tatkräftig die eigene Konkurrenz.
Den tragischen Höhepunkt bildete dabei der Umstand, dass er ausgerechnet im Jahr 1847, in dem die Anbindung Hombruchs an die von ihm angeregte Stammstrecke der Bergisch-Märkischen-Eisenbahn-Gesellschaft seine großen Besitzungen, die er 1827 dort erworben hatte, wirtschaftlich interessant werden ließ, diese durch Pfändung und Zwangsverkauf weitestgehend verlor.
Industriepionier
In seiner Heimat galt Friedrich Harkort als unruhiger Geist.
Nach dem Tode seines Vaters 1818 gründete er zunächst auf dem väterlichen Gut Harkorten eine Gerberei und betrieb einen Kupferhammer am nahegelegenen Deilbach.
Schon ein Jahr später übergab er diese beiden Unternehmen an Verwandte und gründete zusammen mit dem Elberfelder Kaufmann und Bankier Heinrich Kamp auf der Burg innerhalb der Stadt Wetter die Firma Mechanische Werkstätten Harkort & Co. zur Herstellung von Dampfmaschinen und Gasbeleuchtungsapparaten.
Gemeinsam mit seinem Bruder Gustav gründete er zudem ein Unternehmen, das Spedition und Kommission betrieb und mit englischen Garnen handelte.
Die preußischen Behörden förderten Harkorts Werk als erstes industrielles Eisenwerk in Westfalen und als eine der ersten Maschinenbaugesellschaften im Ruhrgebiet, denn dieses profitierte von den Wasserhaltungsmaschinen für den aufstrebenden Bergbau an der Ruhr.
Bereits 1826 wurde in dem nach englischem Vorbilde erbauten Puddel- und Walzwerk das Puddelverfahren eingeführt. Auf der Rüblinghauser Hütte bei Olpe ließ Harkort als einer der Ersten in Westfalen seit Anfang der 1830er Jahre Eisenerz mit Hilfe von Koks verhütten.
Aus Harkorts Unternehmen ging später das Werk Wetter der Demag hervor.
Zu seinen Frühtaten auf sozialem Gebiet gehörte innerhalb seines Unternehmens die Schaffung einer Betriebskrankenkasse nach dem Vorbild der Berggewerkschaftskassen.
Harkort gilt als früher Pionier der industriellen Revolution.
Bahnpionier
Im Jahre 1825 veröffentlichte Harkort in der Nummer 26 der Zeitschrift Herrmann den Aufruf, zwischen Köln am Rhein und Minden an der Weser eine Eisenbahn zu bauen.
Zu dieser Zeit begann man in Deutschland das Thema zu beachten, und Harkort handelte wie ein Unternehmer, als er seinen Artikel unter der Maßgabe einer gewissen Marktstrategie veröffentlichte.
Sein Aufsatz begann mit den Worten:
„Durch die rasche und wohlfeile Fortschaffung der Güter wird der Wohlstand eines Landes bedeutend vermehrt …“
– Friedrich Harkort: O-Ton
Als im Jahre 1824 der britische Ingenieur Henry Robinson Palmer eine Einschienenbahn vorstellte, bei der hängende Transportbehälter von Pferden gezogen wurden, ließ Harkort durch seine Fabrik 1826 probehalber in Elberfeld eine solche Bahn bauen.
Gemeinsam mit dem Bergrat Heintzmann versuchte er die Öffentlichkeit für diesen Vorläufer zu interessieren, was sich aber erst 75 Jahre später im Bau der Wuppertaler Schwebebahn niederschlug.
Harkorts Überlegungen als Unternehmer galten aber vor allem dem Fernverkehr, denn für den einheimischen Bergbau besaßen Harkorts Unternehmen im Jahr 1829 bereits eine Produktionskapazität von einer Million Pfund Schienen.
1828 gründete Friedrich Harkort gemeinsam mit Nikolaus Egen, seinem Schwager Ludwig Mohl (der den Kupferhammer im Deilbachtal betrieb), dem promovierten Mediziner Voß aus Steele (heute Stadtteil von Essen) und den Langenberger Kaufleuten Reichmann und Meyberg die erste Eisenbahn-Aktiengesellschaft auf deutschem Boden – die Prinz Wilhelm Eisenbahn Gesellschaft.
Ihr Zweck war der Bau der Deiltaler Eisenbahn (Deilthaler Eisenbahn Aktiengesellschaft), die am 20. September 1831 eröffnet wurde und den Namen Prinz Wilhelm Eisenbahn erhielt.
Im Jahre 1828 wurde unter seinem maßgeblichen Einfluss auch die seit 1820 im Bau befindliche Schlehbusch-Harkorter Kohlenbahn im ersten, eine preusische Meile langen Abschnitt, eröffnet.
Es war die erste Eisenbahn Deutschlands über die Länge von einer Meile, die zweite Eisenbahn Deutschlands über diese Länge war die Deiltaler Eisenbahn, die ebenfalls von Harkort errichtet wurde.
Ein Jahr später, im Jahr 1829, wurde Harkort in den westfälische Provinziallandtag gewählt.
Dort wiederholte er 1831 seinen Vorschlag.
1833 veröffentlichte Harkort nochmals seinen Aufruf: „Die Eisenbahnen von Minden nach Cöln“.
Das Resultat war eine Aktiengesellschaft, die sich um das notwendige Kapital für den Bau der Strecke bemühte, denn der preußische Staat war nicht willens oder in der Lage, die Strecke zu bauen.
Auf Grund widriger Umstände konnte das Unternehmen einige Zeit später nicht mehr fortgeführt werden.
Erst 1847 war die Strecke vollständig befahrbar und wurde von der Köln-Mindener-Eisenbahn-Gesellschaft betrieben. 1844 bis 1848 wurde nach von Harkort entwickelten Plänen die Stammstrecke der Bergisch-Märkische-Eisenbahn-Gesellschaft gebaut.
Bildungspolitik
Friedrich Harkort war maßgeblich an der Bildungspolitik der deutschen Nation im 19. Jahrhundert beteiligt.
Er gründete den Verein für die deutsche Volksschule und für Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse.
Der Verein zählte binnen kürzester Zeit 2500 Mitglieder aus dem gehobenen Bürgertum.
Unter diesen fanden sich viele Befürworter einer neuen Schulform, die es den Volksschullehrern ermöglichen sollte, ihren niedrigen Stand zu verlassen.
Dies war ein heikles Thema, da weder Staat noch Kirche daran interessiert waren, „mündige Lehrer“ mit dem Bildungsauftrag zu versehen.
Vielmehr entsprach das gewohnte Bild des „Katecheten“ nach wie vor den Vorstellungen der Obrigkeit.
Harkort erkannte die entstehenden Missstände bedingt durch die fortschreitende Industrialisierung einerseits und durch unzulänglichen Ausbau der Bildungsmöglichkeiten für das Proletariat andererseits und verfasste eine 1844 veröffentlichte Anklageschrift mit dem Titel „Bemerkungen über die Hindernisse der Zivilisation und Emanzipation der unteren Klassen“, aus der folgende Zitate stammen:
„100.000 Fibeln, die 3000 Taler kosten, haben einen größeren Wert für die Erziehung der Menschheit als 100.000 Bewaffnete, die jährlich 9 Millionen verschlingen.“
„8000 Menschen, die auf einer Quadratmeile leben, bedürfen, um bestehen zu können, eines höheren Grades von Bildung und Kenntnissen, als einige Hirten, die auf wüster Fläche schweifen.“
Mit dem Verständnis für Missstand und Ungerechtigkeit setzte Harkort sich über 20 Jahre in der Verfassungsgebenden Nationalversammlung Preußens für die Aufhebung der Regulative und für die Verabschiedung des Unterrichtsgesetzes ein.
Sozialpolitik
Harkort war Kreistagsabgeordneter, ab 1830 Mitglied des Westfälischen Provinziallandtags, 1850 Mitglied des Volkshauses des Erfurter Unionsparlament und 1848 Abgeordneter der konstituierenden preußischer Nationalversammlung.
Dort war er Namensgeber und führende Persönlichkeit der Fraktion Harkort.
Von 1867 bis 1870 war er Mitglied des Norddeutscher Reichstag für den Wahlkreis Hagen (Arnsberg 5) und von 1871 bis 1874 für denselben Wahlkreis Mitglied des Deutschen Reichstags, dort galt er als fortschrittlich-liberaler Politiker und schloss sich in beiden Legislaturperioden der Fraktion der Fortschrittspartei an.
Außer für bildungs- und sozialpolitische Belange engagierte er sich auch für Verkehrs- und Wirtschaftspolitik.
Als Reichstagsabgeordneter forderte Harkort für die Arbeiter feste Anstellungen und feste Löhne.
Auch schlug er eine „Gewinnbeteiligung der Arbeiter“ vor und forderte ein „Verbot aller Kinderarbeit“.
Ab 1856 wurden nach seinen Forderungen Unterstützungskassen für Arbeiter und Handwerker eingerichtet.
Bekannt ist heute noch seine Schrift „Über die soziale Frage“.
Die Ereignisse der Revolution 1848/1849 veranlassten ihn, einen offenen Brief („Bienenkorbbrief“ wegen eines Holzschnitts auf dem Titelblatt, der einen Bienenkorb zeigt) an seine Arbeiter zu schreiben.
Inhalt dieses Briefes war die Auseinandersetzung Harkorts mit den durch die fortschreitende Industrialisierung hervorgerufenen sozialen Veränderungen.
Harkort charakterisiert in seinem Brief den Unternehmer als fleißig, der das Investitionsrisiko trägt, der zum Wohlstand verhilft, die Barbarei abwendet und dem Leistungsprinzip unterliegt.
Den Arbeiter klassifiziert er als den „braven Arbeiter“ oder den Proletarier.
Ersteren habe Gott mit gesundem Menschenverstand und der Kraft seiner Hände gesegnet.
Daher müsse jener auch durch soziale Einrichtungen unterstützt werden.
Der Proletarier hingegen sei verwahrlost, bringe seinesgleichen zur Welt, habe sein Handwerk nicht erlernt, beraube andere und bilde den Krebsschaden der Kommune.
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